Samstag, 18. April 2015

Impressionen

Die Beine zittern. Der Boden fühlt sich an wie Pudding. Jeder Schritt näher zur Arbeit fühlt sich schwer an. Mit zitternder Hand öffne ich die Tür. Tausend Gedanken schießen mir durch den Kopf. Gleich ists 10 Uhr. Im Fernsehen ist schon kein Programm mehr, sondern ein Standbild mit Blumen und dunklem Hintergrund im Gedanken 6 Millionen. Heute ist die Erinnerung an die dunkelsten Jahre der deutschen Geschichte. Avraham's Enkelin ist heute extra gekommen. Ich gebe ihm einen Stuhl und er will sich setzen, als auf einmal die Sirenen brüllen und er steht sofort wieder auf mit aller Kraft. Seine Enkelin legt ihre Hand auf seine Schulter und ihre Augen füllen sich mit Tränen, ebenso wie meine. Nun stehen wir alle da. Lauschen den Sirenen, haben viele schreckliche Bilder im Kopf und weinen. Ich bin unter Juden und werde nicht verurteilt dafür, Deutsche zu sein. Ich habe noch nie sowas intensives erlebt. Ein wenig später kommt eine Frau durch die Tür mit einem Stern auf der Brust, mit der Aufschrift (auf deutsch): "JUDE". Kurz darauf sitzen alle zusammen und manche scheinen so zu tun als wäre vor wenigen Minuten nichts passiert. Ein Tag wie jeder andere.
Das waren meine Gedanken zum Donnerstag, den 16.04., dem Holocaustgedenktag. Ich habe es kurz danach aufgeschrieben, um nichts von dieser Erfahrung jemals zu vergessen. Es ist nicht mal, dass ich mir selbst die Schuld gebe oder dass ich das Gefühl habe, dass das Blut an meinen Händen klebt. Nein, es sind die einzigartigen Menschen, die ich kennen lernen durften und diese Qualen zu der Zeit mitmachen mussten und unter den 6 Mio Menschen ist auch ihre Familie. Das ist meine Art ihnen zu zeigen, sie sind nicht alleine und ich habe sie lieb.
Nachdem die Sirene ertönte, trafen sich mehrere Stationen zusammen in meiner und dort wurden Berichte von den Alten selbst gegeben und es kam auch eine Schulklasse, die ein Programm vorführte. Zum Ende standen wir alle wieder gemeinsam auf, um die Nationalhymne zu singen "HaTikva" - Die Hoffnung zu deutsch.

Solange noch im Herzeneine jüdische Seele wohnt
und nach Osten hin, vorwärts,
ein Auge nach Zion blickt,
solange ist unsere Hoffnung nicht verloren,
die Hoffnung, zweitausend Jahre alt,
zu sein ein freies Volk, in unserem Land,
im Lande Zion und in Jerusalem!

 Nun kommen wir wieder zum freudigen Part meines Auslandsjahres: Das Reisen. Wir waren viel unterwegs. Ich kann hier an der Stelle nur zusammenfassen.

Vor 2 Wochen war Pessach (einwöchiges Fest der Juden, um deren Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten zu feiern). Dabei wird kein gesäuertes Brot gegessen, sondern nur Mazen (sowas wie Knäckebrot). Wir hatten zum Glück im Tiefkühl Brot eingefroren, da man nirgendwo Brot kaufen konnte. Außerdem gibt es einen Seder-Abend (Ordnungsabend), wo man mit der Familie zusammensitzt und im Buch Mose den Auszug aus Ägypten liest. Dazu auch noch die Vorgeschichte, was in einem kleinen Buch ca. 90 Seiten umfasst. Wir wurden von unserem Hausmeister eingeladen, diesen Abend mit ihm und seiner Familie zu genießen. Es war ein sehr witziger Abend, da wir mittlerweile Hebräisch recht gut verstehen, um auch deren Gespräche mitzubekommen. Die ganze Zeit wurde während des Lesens rein gerufen und es wurden Kommentare abgegeben. Das hat das ganze sehr aufgelockert, auch wenn es bei orthodoxen beispielsweise absolut nicht angebracht gewesen wär.

Ein Wochenende bin ich mal zur Arbeit gegangen, da ich Avraham versprochen hatte, mich mit ihm rauszusetzen, da er es so liebt. Er war zu der Zeit im Rollstuhl und es schien als blieben ihn nur noch ein paar Tage und ich wollte ihm diese versüßen. Deshalb bin ich mit ihm mal in einen anderen Park gegangen und er hat sich sehr gefreut und sich tausend Mal bedankt. Sagte immer "all die Ehre". Da habe ich gemerkt, dass es gut war an meinem Wochenende nicht bis 12 Uhr durchzuschlafen, obwohl ich das mal wieder nötig hatte, sondern ihm etwas Gutes zu tun.

Ostersonntag war ich in Jerusalem, denn ich hatte Urlaub. Deshalb traf ich dort einen Volo und wir haben viel zusammen gequatscht , sind durch die Stadt gelaufen und bummelten ein bisschen rum. Anschließend gingen wir zum Gottesdienst in der King of Kings und dort konnte ich mal wieder auftanken und hatte das Gefühl, frei zu sein. Das habe ich sehr vermisst.

Einen Tag waren wir zum Essen eingeladen bei Afrikanern aus der Gemeinde, zu der wir gelegentlich gehen. Deren Sohn ist in der British Army und ist momentan in Deutschland stationiert. Er war mit seiner Schwester seine Eltern besuchen und aus diesem Anlass sind wir auch mal vorbei gekommen.

Außerdem waren wir bei den Betreuerinnen von HaGoshrim hier vor Ort beim Shabbatessen eingeladen. Dieser mündete in eine Activity-Abend.

Des Weiteren war ich mit Debby und 2 weiteren Volos in En Gedi (am toten Meer) im Nationalpark. Es war ein wunderschöner Tag, kein Regen, strahlend blauer Himmel, das blaue Meer, die Berge in Jordanien und ein paar Oasen. Einfach traumhaft schön dort.

Gestern ging es nach En Avdat, ein weiterer Nationalpark, bei Sde Boker im Süden. Wir hatten das Vergnügen dort mit Auto hinzufahren und somit war alles ganz unkompliziert. Der bisher atemberaubendste Nationalpark, den ich hier in Israel gesehen habe. Faszination an jeder Ecke. Leider nur etwas klein, man ist da schnell durch. Danach ging es noch nach Avdat, einer Ausgrabung, wo ich dann doch zu geizig war, um so viel nochmal zu bezahlen. Deshalb bin ich lieber unten geblieben und habe mir nen Cappuccino gegönnt. (Der nur 1/3 des Eintrittspreises gekostet hat :p) Anschließend fuhren weiter nach Beit Shemesh, wo eine Tropfsteinhöhle war. Das war echt wunderschön, und wunderschön feucht/nass da drin. Diese Höhle ist wohl schon 5 Mio Jahre alt und wurde erst 1968 gefunden. Unglaublich! Nach langem Überlegen machten wir uns doch schon auf dem Weg nach Hause und unterwegs sahen wir Aussichtspunkte, wo wir anhielten (bzw versuchten). Beim ersten haben wir nur eine kleine abenteuerliche Straße gehabt, aber keinen Aussichtspunkt entdeckt und beim zweiten war noch eine Ruine, wo sich die Kinder austoben konnten (Debby & Jerry) haha

Nach der großen Gartenaktion kam die Verbrennung des viel zu feuchten Laubhaufens


En Gedi








En Avdat





Beit Shemesh